| Ist die SPD noch parteifähig…? Roland Spitzer Dezember 2008 Was soll diese Schlagzeile, wird sich so mancher fragen! Die  SPD ist doch eine Partei, und wäre da nicht die Frage: „Ist die SPD noch  demokratiefähig?“ eher angebracht?! Die Zweifel an der Demokratiefähigkeit der  SPD sind berechtigt, spätestens seit der Wiederkehr Münteferings in die  Berliner Parteienlandschaft. Hier wurde in einem Handstreich die Mannschaft des  Willy Brandt Hauses, also der Parteizentrale, ausgetauscht, und dem genehmen  Bundesgeschäftführer Kajo Wasserhövel die entsprechend wohlgesinnten Mitarbeiter  zugeordnet.   Nach der Ablösung von Beck als Parteichef war dies ein  weiterer Schritt zur Re-Etablierung der neoliberalen Fraktion, also der bedingungslosen  Anhänger der Agendapolitik in der SPD, welche in besonderem Maße durch die  „Netzwerker“ vertreten wird. Diese Entwicklung wurde und wird besonders  wohlwollend durch die neoliberalen Medien unterstützt. Dabei scheint es keine  Rolle zu spielen, dass die SPD durch ihren neoliberalen Kurs nahezu 500.000  Mitglieder verloren hat. Menschen, welche mit ihrem politischen Engagement  dafür angetreten sind, eine Politik zum Wohle der Mehrheit der Mitglieder  unserer Gesellschaft zu verwirklichen! Dass Schröders Agendapolitik das genaue  Gegenteil verkörperte, sahen diese Genossinnen und Genossen sehr wohl, und  erkannten, dass diese Partei nicht ihre politische Heimat sein kann. Viele  haben sich leider ganz aus der Politik zurückgezogen. Andere schlugen einen  alternativen Weg ein, und gründeten die WASG, welche heute, gemeinsam mit der  PDS in der Partei „Die Linke“ aufgegangen ist. Nicht alle Sozialdemokraten in der SPD wählten diesen Weg.  So stehen sich heute innerhalb dieser Partei zwei Fraktionen gegenüber, welche  wie Feuer und Wasser versuchen, an gleicher Stelle zu existieren. Das ist  einfach nicht zu realisieren, denn beide Elemente können nicht an gleicher  Stelle existieren. Genau hierin ist sind auch die aktuellen Probleme der SPD zu  suchen.  Eine Partei wird mit dem Ziel gegründet, dass sich politisch  gleichgesinnte Menschen zusammenschließen, um gemeinsam für die Umsetzung ihrer  Vorstellungen innerhalb der Gesellschaft einzutreten. Dabei kann es durchaus unterschiedliche  Auffassungen über das Wie, oder auch zu spezifischen Akzenten der Ausgestaltung  der politischen Ziele geben. Das ist gut, und trägt in einer demokratischen  Gesellschaft auch dazu bei, im konstruktiven Streit den besten Weg zu finden. Doch was geschieht in der SPD? Auf der einen Seite stehen  die Agendisten, welche mittels der von Schröder praktizierten „Basta – Politik“  zur massenhaften Enteignung der Mittelschicht unseres Landes zu Gunsten weniger  Großverdiener beitrugen. Der Begriff „Basta – Politik“ wurde von unseren  neoliberalen Medien, als besonders kluge und entscheidungsfreudige Form der  Politik hofiert. Wird diese Form der Politik beispielsweise in Russland  praktiziert, dann nennen die gleichen Medien diese auch beim Namen – sie  sprechen von einer Diktatur! Auf der anderen Seite gibt es noch genügend Mitglieder  innerhalb der SPD, welche konträr zur Enteignungspolitik der Agendisten stehen.  Somit existieren zwei Strömungen, welche innerhalb einer Partei nicht vereinbar  sind, was auch die SPD als Partei ad absurdum führt.  Doch warum existiert diese Partei noch immer? Die  verbliebenen Sozialdemokraten innerhalb der SPD fühlen sich dem  sozialdemokratischen Anspruch wohl auch verpflichtet. Und was tun die  Agendisten um Müntefering? Diese nutzen den in weiten Teilen der Bevölkerung  verankerten  Ruf der SPD als Volkspartei,  um ihre Positionen als dem Gemeinwohl dienend zu erklären und umzusetzen. Man stelle sich vor, die Agendisten hätten, wie ehemalige  Mitglieder der SPD eine eigene Partei gegründet. Nach den Erfahrungen mit der  Agenda 2010 hätten die politischen Zielstellungen dieser wie folgt beschrieben  werden müssen: 
            
              Enteignung der Mittelschicht zum Wohle der finanziellen  Oberschicht dieses Landes!Zur Realisierung dieser Enteignung sind Menschen,  welche ihre Arbeit, und somit die Möglichkeit einer eigenständigen  Lebensführung verloren haben, mindestens ein Jahr in der Arbeitslosigkeit zu  halten. Im Anschluss an diese Zeit werden sie gezwungen, die Errungenschaften  ihres Lebens zu veräußern.Menschen, welche nun in den „Genuss“ der Leistungen des  ALG II geraten sind, werden verpflichtet, jede angebotene Arbeit ohne die in  der BRD früher geltenden Arbeitnehmerrechte anzunehmen. Dafür wird das Modell  der Zeitarbeit geschaffen, was definitiv nichts mit einer Versklavung der  Arbeitskraft zu tun hat, da Sklavenhalter auch für die Sicherung des  Lebensunterhaltes ihrer Sklaven verantwortlich waren.Installation von Instrumenten zur Ausplünderung gestandener  Unternehmen am Standort Deutschland.Privatisierung der öffentlichen Daseiensvorsorge (Strom,  Wasser, etc.) mit dem Ziel der Gewinnmaximierung.etc. etc. Dieser Weg hätte eingeschlagen werden können! Doch wer hätte  diese Partei gewählt? Wenn überhaupt jemand, dann nur ein verschwindend  geringer Teil der Gesellschaft! So nutzt man doch lieber die in der Bevölkerung  vorhandene Verankerung der SPD, um diese Ziele durchzusetzen. Das funktionierte auch sehr lange Zeit. Selbst als die  Wiederwahl Schröders schon gefährdet war, ist es ihm gelungen, im Zuge der  Flutkatastrophe im Osten der BRD und dem Spruch „Bring mir mal ne Flasche Bier“  die nächste Wahl zu gewinnen. Hätte er diesen Spruch nicht medienwirksam,  sondern an einem Supermarkt um die Ecke, und nicht als Medienkanzler getätigt,  dann wäre wohl kaum jemand auf die Idee gekommen, diesen Menschen zum  Bundeskanzler zu wählen. Wahrscheinlich wäre uns so manches Leid erspart  geblieben. Wie tief die SPD gespalten ist, zeigen auch die jüngsten  Ereignisse in Hessen. Hier geht es nicht um einen Wortbruch, wie es uns die  neoliberalen Medien gerne glauben machen wollen. Vielmehr ist es der Versuch,  sozialdemokratisch geprägte Strömungen in der Partei aufs Abstellgleis zu  schieben, um den neoliberalen Agendisten den Weg zur Parteispitze, und somit  zur Macht innerhalb der Partei zu ebnen.  Den Wählerinnen und Wählern der SPD wird unterstellt, dass  ihnen politische Entwicklungen im Grunde egal sind, denn nur die Aussage, dass  Ypsilanti nicht mit direkter, oder indirekter Unterstützung der Linken regieren  wird, soll für die Wahlentscheidung ausschlaggebend gewesen sein. Inhalte, wie  beispielsweise die Abschaffung der Studiengebühr spielten für diese  Wahlentscheidung augenscheinlich nur eine nachrangige Rolle. Dies wird die  neoliberale Medienwelt nicht müde zu beteuern. Unter Beck als Parteivorsitzendem gewährte man der  hessischen SPD auch den notwendigen Spielraum, um im Rahmen eines  demokratischen Meinungsbildungsprozesses innerhalb der SPD  abzuwägen, was für das Land vorteilhafter  ist. Die Umsetzung politischer Ziele in einer Koalition mit den Grünen, unter  Tolerierung der Linkspartei, oder die Aufgabe des Anspruches zur Umsetzung  politischer  Zielstellungen im Rahmen der  Parteiarbeit. In vielfältigen Veranstaltungen, bis hin zu einem Parteitag haben  sich die Genossinnen und Genossen dafür entschieden, an der Umsetzung der  Politischen Ziele zu arbeiten, und den Abgeordneten den Auftrag erteilt, die  hierfür notwendigen Konstellationen einzugehen. Doch sie haben ihre Rechnung ohne Müntefering gemacht,  welcher sich zwischenzeitlich wieder an die Macht geputscht hat und alles daran  setzte, die verhängnisvolle sozialdemokratische Entwicklung in Hessen zu  stoppen. So fand man in Jürgen Walter, einem Netzwerker, einen willigen  Gehilfen. Zumal er gegen die Sozialdemokratin Ypsilanti die Abstimmung zum  Spitzenkandidat im hessischen Wahlkampf verlor. In letzter Minute entdeckten die sogenannten Rebellen der  SPD ihr Rückgrat und sahen sich außerstande, ihre eigene Parteivorsitzende zur  Ministerpräsidentin zu wählen. Die nur deshalb, da es nur mit den Stimmen der  Linken möglich gewesen wäre. Dabei war bei der Abstimmung zur Abschaffung der  Studiengebühren das Rückgrat noch stark genug. Das ging ja auch nur mit den  Stimmen der Linken. Wie verschieden Rückgrate belastbar sein können, zeigte  sich bei der Abstimmung zur Auflösung des Landtags in Hessen. Der entsprechende  Beschluss erfolgte einstimmig, also mit den Stimmen der Linken. Dabei hätten  CDU, FDP und die „Rebellen“ doch gar nicht mit Unterstützung der Linken  abstimmen dürfen – doch dann wäre der Landtag auch nicht aufgelöst worden. Was  für ein Theater! Noch ist es nicht gelungen, Ypsilanti von der Parteispitze  zu verdrängen. Aber es wird stetig daran gearbeitet. Sieht man Agendisten und  sozialdemokratische SPD Mitglieder bei gemeinsamen Auftritten in der  Öffentlichkeit, dann kommt schnell die Frage auf: Was machen diese Menschen  eigentlich in einer Partei. Hier stehen sich eindeutig politische Gegner  gegenüber. Wäre es da nicht konsequent, wenn Agendisten und Sozialdemokraten  sich entscheiden, getrennte Wege zu gehen? Dass dies möglich ist, hat Clement  vorgeführt und sollte mit seinem Handeln Vorbild für viele SPD Mitglieder sein. Entscheiden sich die SPD Mitglieder jedoch dafür, ihren  grundlegenden Richtungsstreit weiterhin innerhalb der SPD auszutragen, dann  wird diese Partei noch rasanter an Bedeutung verlieren, als das bisher  geschehen ist, und als Partei in der Bedeutungslosigkeit versinken. Zumal die Wähler nie wissen, für welche Politik sie sich  entscheiden, wenn sie ihr Kreuz bei der SPD machen. Neoliberal oder  sozialdemokratisch? |